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Geposted von Zorkaa,
Der 27-jährige Lukas 'yb' Gröning ist in der deutschen Szene kein Unbekannter. Einen Namen machte er sich jedoch im fernen Indien bei OpTic India und Signify. Wir haben ihn gefragt, wie es dazu kam.
Hallo Lukas, stell dich der 99Damage-Community als Einstieg einfach mal vor.


Ich bin Lukas Gröning. Ich bin professioneller CS:GO-Spieler in Indien. Ich spiele dort seit einem Jahr und bin seit 2007 kompetitiv in der ESL unterwegs.


Wie hat das 2007 für dich angefangen?


Ich habe von 2007 bis 2010 auch schon in Indien gewohnt und habe da angefangen, CS zu zocken, weil ich die Außenwelt damals ein bisschen gemieden habe. Ich bin in Indien anfangs nicht so richtig klargekommen.

Ich habe dann mit High-Ping versucht, CS:S mit irgendwelchen Leuten aus Deutschland und später auch ein bisschen in der indischen Szene zu spielen. Ab 2010 war ich dann wieder in Deutschland in der ESL und anderen Ligen sowie in verschiedenen Teams unterwegs.


Wie kann man sich das Esport-Leben in Indien vorstellen? Welche Voraussetzungen gab es dort?


Es gab absolut gar nichts, also nichts wirklich Großes. Deswegen habe ich versucht, von Indien aus in der deutschen Szene zu spielen. Das war aber nicht so praktisch. Mir hat es einfach Spaß gemacht, kompetitiv zu spielen und ich wollte auch etwas erreichen. Aber ich wollte eigentlich nie Profispieler werden.


Wie kam es dazu, dass du damals schon nach Indien gezogen bist bzw. dort für drei Jahre gewohnt hast?


Meine Eltern sind beruflich für drei Jahre nach Indien gezogen. Und es war auch klar, dass wir nach diesen drei Jahren wieder zurückkehren.


Stimmt es, dass du von 2015 bis 2017 dann gar nicht wirklich gespielt hast?


Genau, ich wollte ja auch nie wirklich professioneller Spieler werden. Anfang 2016 habe ich aufgehört zu spielen. Mit den BLUEJAYS hatte ich noch die EPS gespielt, aber der Zeitaufwand war für mich zu hoch. Ich habe lieber andere Prioritäten gesetzt.

Wenn man Gaming betreiben will, muss man immer viel Zeit reinstecken. Wenn du das nicht tust, bist du sofort hinterher. Und da habe ich mir gesagt, dass es mir das nicht wert ist.

Damals war auch die Szene nicht so groß und es hätte sich für mich nicht gelohnt. Zwei Jahre später dachte ich mir, dass ich es mir noch einmal anschaue und es für ein weiteres Jahr probiere. Und dann kam es zu diesem Angebot aus Indien.


In der EPS zu spielen war damals ja schon gar nicht so schlecht. Wie kam es dazu, mit so geringen Ambitionen, doch so hoch zu spielen?


Ich bin von Natur aus sehr, sehr ehrgeizig. Da ich aber gar kein Profispieler werden wollte, habe ich mir gedacht, dass ich nicht so viel Energie reinstecken sollte. Allerdings konnte ich es auch nicht lassen.


Wann wurdest du dann Ingame-Leader?


Ingame-Leader war ich eigentlich schon von Anfang an. Es hat sich herauskristallisiert, dass ich der Spieler bin, der das Team leitet, auch wenn es nicht so geplant war. 2007 habe ich Leute für eine Liga zusammengetrommelt und alles mehr oder weniger geführt. Seitdem war ich eigentlich in jedem Team der Ingame-Leader.

Ich glaube auch, dass ich in der Rolle des IGL das größte Potenzial habe. Wenn ich eine andere Rolle spielen würde, könnte ich niemals auf einem so hohen Level spielen.


Was denkst du, kannst du besonders gut als Ingame-Leader? Wo liegen deine Stärken?


Ich fokussiere mich immer auf die Stärken meiner Spieler und versuche das Beste aus meinem Team herauszuholen. Das ist eine Sache, die mir sehr wichtig ist. Ich glaube, ich bin fähig, Dinge schnell zu analysieren und das Wichtigste herauszufiltern.

Auf das Coaching bezogen ist es für mich immer wichtig, dass man progressives Training betreibt, damit es immer einen Fortschritt gibt. Es ist auch wichtig, die Leute mental zu unterstützen und darauf zu schauen, wo die Probleme liegen. Ist ein Spieler nervös? Wie kann ich daran arbeiten? Man muss sich auch Trainingsziele setzen, damit man jeden Tag einen Fortschritt macht und nicht einfach von morgens bis abends durchzockt und am Ende feststellt, dass es keinen Fortschritt gibt.


Warst du auch schon richtiger Coach bei Team Monarchs oder kam das erst während der Anfangszeit bei OpTic India?


Ich habe generell in diesem Jahr in Indien extrem viel dazugelernt. Ich war damals bei Monarchs schon IGL und die Organisation des Trainings fiel schon immer auf die Rolles des IGLs zurück. Damals gab es noch keine Coaches usw., zumindest in der semi-professionellen Szene. Da habe ich schon ein wenig Erfahrung damit gemacht.

Bei OpTic India habe ich mich damit beschäftigt, wie das Training ablaufen soll, wie der Trainingszeitplan aussieht und wie man ein sinnvolles Training umsetzt.



Wie bist du das zweite Mal nach Indien gekommen? Sind deine Eltern jetzt wieder beruflich dort?


Ironischerweise sind meine Eltern wieder drei Jahre in Indien, ja. Das hat damit aber nichts zu tun. Das Angebot habe ich unabhängig davon bekommen, weil OpTic nach Indien expandieren wollte.


Also ist OpTic an dich herangetreten?


Da ich damals schon in der Szene aktiv war, wurde herumgefragt. Sie wollten einen internationalen Spieler holen, der auch Erfahrung mitbringt, da die indische Szene noch sehr unerfahren ist. Da ich damals schon drei Jahre in Indien war, kannten mich die Leute teilweise noch und da hat man mich vorgeschlagen. Daraufhin ist OpTic India an mich herangetreten. Da meine Eltern sowieso in Indien waren und ich das Land mag, habe ich gedacht: "Ja, warum nicht?".

Vor allem, weil ich zwei Monate zuvor mit den Möglichkeiten, die ich mit deutschen Spielern hatte, nicht zufrieden war. Das Engagement hat mir gefehlt und es war es mir einfach nicht wert, diese Zeit zu investieren. Jedenfalls nicht mit den Optionen, die ich hatte. Zwei Monate später bekam ich das Angebot aus Indien und habe mich dann dafür entschieden.


Aber dann auch als Coach?


Als IGL. Ich war im Prinzip IGL und damit auch ein bisschen der Coach des Teams.


Also hast du auch die ganze Zeit gespielt?


Ja. Coach heißt für mich einfach, an der Trainingsgestaltung teilzuhaben und zu schauen, dass die Spieler Fortschritte machen. Ich habe beide Rollen übernommen.


Habt ihr euch auf Englisch unterhalten? In Indien gibt es ja ziemlich viele Dialekte.


In Indien sprechen die Leute generell recht gutes Englisch. Besonders die Menschen aus etwas gebildeteren Schichten. Im Vergleich zu Deutschland sprechen die Leute dort besseres Englisch. Auch Leute, die nicht so viel Schulbildung genossen haben. Gerade das Alltagsvokabular ist viel größer als meines.


Wie wurde das Lineup gebildet? Hattest du da vorher schon Einblicke?


Nein. Sie haben mit indischen Spielern Offline Trials gemacht und dadurch die besten fünf Spieler gepickt. Im Nachhinein haben sie gesagt, sie brauchen noch einen Externen, weil es mit diesen fünf indischen Spielern einfach nicht reichen würde. Eigentlich waren es auch nicht die besten Spieler damals, da es schon viele Teams gab. Zu diesem Zeitpunkt waren diese Spieler eher die "Übriggebliebenen".


Waren diese anderen Teams, die nicht wechseln wollten, auch Vollzeit-Teams?


Ja. In Indien gibt es drei bis vier Vollzeit-Teams. Es gibt Entity eSports, Global eSports und Signify. Das sind die drei größten Organisationen. Die haben im Nachhinein ebenfalls internationale Spieler verpflichtet.



Lass uns noch einmal über das nicht so schöne Thema sprechen. Wie hast du damals den Cheating-Skandal mit Forsaken erlebt? Kam das für dich als Schock, vor allem weil das auf der LAN passiert ist?


Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Ich kann gar nicht genau sagen, was ich gefühlt habe. Ich habe das einfach verdrängt. Es ist ganz schwer, darauf eine Antwort zu geben.


Du hättest also auch nicht gedacht, dass jemand von euch cheatet?


Natürlich nicht. Man sitzt jeden Tag neben der Person. Niemals würde man erwarten, dass jemand hackt und cheatet. Das ist einfach unvorstellbar. Besonders, weil man auch eine gewisse Bindung zu den Spielern aufbaut.

Wir trainieren drei Monate im gleichen Haus zusammen, essen zusammen, machen Sport zusammen. Das ist fast wie eine Familie, weil wir die einzigen Bezugspersonen füreinander sind. Wir hatten sonst niemanden in unserer näheren Umgebung. Das ist schon sehr heftig.

Und auf einmal stellst du fest, er hat gecheatet und seine Team-Mates verarscht. Vor seinen eigenen Mates über drei Monate so ein Geheimnis zu haben, ist schon eine harte Nummer.


War es denn tatsächlich so, dass er schon vorher, auch während der Trainings, gecheatet hat?


Das kann ich so nicht bestätigen. Es ist schwer zu sagen. Ich habe mich danach auch nicht mehr damit befasst. Es ist Vergangenheit und es bringt mir nichts, darüber nachzudenken. Beweise gibt es jedenfalls nicht.

Es gab einmal eine Szene, wo ich mir dachte: "Wow, das sah nicht legit aus". Aber er sitzt direkt neben dir und dann denkst du nicht, dass er wirklich cheatet. Online oder zu Hause ist es etwas anderes, aber wenn die Person von Anfang an neben dir sitzt, dann ist das schon eine andere Situation. Deswegen kann ich nicht sagen, ob er die ganze Zeit gecheatet hat. Ich glaube aber, dass es nicht das erste Mal gewesen ist.


Hattest du unmittelbar danach noch Kontakt zu Forsaken?


Nein, ich habe ihn sofort gemieden und er wurde auch sofort vom Management rausgenommen. Ich habe ab diesem Moment nicht ein Wort mit ihm gesprochen.


Auch keiner deiner Team-Mates?


Das weiß ich nicht, jedenfalls nicht vor Ort. Dass sie danach noch an ihn herangetreten sind, bezweifle ich stark.



Auch in der deutschen Szene hat man in der Vergangenheit immer wieder Probleme mit Cheating gehabt. Kann man das irgendwie mit Indien vergleichen? Gibt es dieses Problem auch dort?


Nein, das finde ich eigentlich nicht. Ich bin auch noch nicht so lange in der Szene. Besonders da wir nicht so viel in der indischen Szene spielen, sondern eher in der asiatischen, ist es gefühlt kein Problem.


Der zweite Teil des Interviews erscheint am kommenden Donnerstag, den 9. Mai 2019.

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