Geposted von w1zzyy,
Nach dem Umstieg auf CS:GO überlegte André 'Kirby' Kempa zunächst inaktiv zu gehen. Dann nahm seine Karriere jedoch noch einmal richtig Fahrt auf. Warum hat es dennoch nicht für die Weltspitze gereicht? Dies und mehr verrät er im zweiten Teil des Interviews mit 99Damage. Mit Finn 'karrigan' Andersen, Chris 'chrisJ' de Jong, Johannes 'tabseN' Wodarz und Nikola 'LEGIJA' Ninić gewann André 'Kirby' Kempa 2013 die deutsche Meisterschaft. Dies hat er unter anderem Christian Lenz zu verdanken, wie er im ersten Teil des Interviews erzählt hat. Danach verlief seine Karriere jedoch weniger erfolgreich.

Warum der 32-Jährige dennoch immer wieder alles genauso machen würde, welche Rolle die ESL Meisterschaft für die Entwicklung der deutschen Szene spielen kann und wie seine Zukunft aussieht - unter anderem darum geht es im zweiten Teil des Gesprächs mit 99Damage.

"Es kullert eine Träne, wenn ich an diese Zeit denke"



99Damage: 2013 konntest du zweimal die EPS in CS:GO gewinnen – erst mit n!faculty und anschließend mit den Playing Ducks. Dort hast du in einem Team unter anderem mit karrigan und tabseN gespielt. Wie blickst du heute auf diese Zeit zurück?

Kirby: Die Zeit bei n!faculty war die coolste in meinem Leben, was CS betrifft. Nicht nur, weil wir einmal die EPS gewonnen haben und einmal Vize-Meister geworden sind, sondern auch, weil wir auf Platz 7 im HLTV Ranking waren. Das Besondere daran war, dass fast alle Konkurrenten zu diesem Zeitpunkt schon Fulltime-Teams waren, wir aber noch nicht. Außerdem waren wir auf der DreamHack in Schweden, auf den ESEA Finals in Dallas und ganz vielen anderen internationalen Events. Das war auf jeden Fall mehr, als ich mir jemals ausgemalt hatte. Die EPS zu gewinnen, war schon geil, aber die Welt zu bereisen war nochmal etwas ganz anderes.

Hinzu kommt natürlich, dass es auch die Anfänge von Spielern wie LEGIJA, tabseN, chrisJ und karrigan waren, die zwar damals schon gut, aber eben noch Talente waren. Dass sie mal so durch die Decke gehen würden, das konnte man damals nicht erahnen bzw. das CS:GO generell so groß wird und sich das alles so entwickelt.

99Damage: Wieso ist deine Karriere nicht so verlaufen wie die von tabseN oder karrigan?

Kirby: Da kann ich mich natürlich nur aus dem Fenster lehnen, weil ich nicht weiß, ob ich diesen Sprung auch geschafft hätte. Was aber den Unterschied auf jeden Fall gemacht hat, war, dass meine Ausbildung vorbei war, nachdem wir mit den Playing Ducks die EPS gewonnen haben. Und meine Mates haben sich damals dazu entschieden, dass sie entweder gar nichts arbeitstechnisch machen oder eben "studieren" - also eigentlich nur eingetragen sind. Dadurch konnten sie das Risiko eingehen, Fulltime zu spielen. Zu dem Zeitpunkt hat man vielleicht 100 bis 200 Euro bekommen im Monat. Das wollte ich damals einfach nicht. Ich kann also nicht sagen, was passiert wäre, wenn ich mal ein Jahr Risiko gegangen wäre und Fulltime gespielt hätte.

99Damage: Einige Monate später wurde auch das erste Major angekündigt.

Kirby: Ja, das war schon ziemlich traurig für mich. Ich bin mir ziemlich sicher, wenn ich zu dem Zeitpunkt gesagt hätte, ich ziehe jetzt auch Fulltime durch, dann hätte ich auch mit einem Team auf dem Major gespielt. Das ist heute noch so ein kleines Tränchen, das über die Wange kullert, wenn ich an diese Zeit zurückdenke.

99Damage: Also würdest du es heute anders machen?

Kirby: Wenn ich ehrlich bin, würde ich es wahrscheinlich jedes Mal wieder so machen, dass ich den sicheren Weg wähle, weil ich einfach nicht so der Risiko-Typ bin. Deswegen ist schwer zu sagen, wie meine Karriere hätte verlaufen können. Eine Rolle spielt dabei natürlich der Arbeitsaspekt: Wenn du, im Gegensatz zu anderen, nur die Hälfte der Zeit investieren kannst, dann entwickelst du dich irgendwann nicht mehr so schnell oder gar nicht mehr, weil einfach die Zeit fehlt.

Kirby: Die Entwicklung der deutschen Szene ist schlecht



99Damage: Wie ging es danach für dich weiter? Warum hat es letztlich nicht mehr zum großen Wurf für dich gereicht?

Kirby: Einen gewissen Teil macht natürlich dieser Fulltime-Aspekt aus. Als das erste Major angekündigt wurde, ist das Spiel komplett explodiert. Es kamen immer mehr Sponsoren, dadurch auch mehrere Fulltime-Teams. Ich bin zwar anschließend mit Teams wie den Ducks oder UX Gaming nochmal auf die Finals gekommen und dort Vierter geworden. Aber es ist natürlich klar, wenn du vier, fünf Fulltime-Teams in Deutschland hast, sind die für die Finals mehr oder weniger gesetzt.

Da muss es bei einem Non-Fulltime-Team schon enorm gut passen oder man müsste halt - so ist auch meine Herangehensweise - mit einem Lineup zwei Seasons spielen, um ausreichend Zeit zu investieren und ihnen die Möglichkeit geben, sich zu entwickeln. Aber dazu ist es eigentlich nie gekommen, die Teams sind immer vorher zerbrochen. Die Fulltime-Teams laufen dir einfach weg, wenn du nur viermal die Woche vier, fünf Stunden zum Trainieren hast. Das macht sehr viel aus.

99Damage: Im Gegensatz zu früher sind es vor allem in Deutschland zuletzt immer weniger Fulltime-Teams geworden. Wie blickst du auf die Entwicklung der deutschen Counter-Strike-Szene in den vergangenen Jahren zurück?

Kirby: Das ist leider eine schlechte Entwicklung. Es geht alles zurück. Zuletzt hat sich cowana aus dem E-Sport zurückgezogen, Sprout ist jetzt dänisch, das bedeutet noch ein Fulltime-Team weniger in der ESL Meisterschaft. Gerüchten zufolge soll sich mit aTTax eine weitere Organisation zurückziehen, wie es in der Vergangenheit schon einmal passiert ist.

Dadurch haben wir Stand heute nur noch die BIG Academy als Fulltime-Team in der ESL Meisterschaft, was natürlich einfach ein absolut schlechtes Zeichen ist. Dabei muss man an dieser Stelle auch mal festhalten, dass sich die Liga von der letzten zu dieser Season krass verbessert hat. Es ist auf jeden Fall ein Aufwärtstrend erkennbar, der beibehalten werden muss, damit die Szene wieder wächst.

Kirby will nicht aufhören zu spielen



99Damage: Du bist inzwischen 32 Jahre alt. Wie sieht deine Zukunft in CS:GO aus?

Kirby: Ich will auf jeden Fall noch nicht aufhören. Das heißt nicht, dass ich auf Teufel komm raus im kommenden Jahr irgendwo unterkommen muss. Ganz ehrlich, auch wenn wir es bei den DUDES nicht geschafft haben, ungeschlagen aufzusteigen, macht es aber einfach nicht so viel Spaß in der 2. Division zu spielen. Das ist ein ganz anderes Niveau als in der 1. Division. Es wird vor allem darauf ankommen, mit welchen Leuten ich spiele. Es muss einfach passen, wenn ich schon meine ganze Freizeit investiere.

Klar bin ich schon lange dabei und irgendwann hast du auch mit fast allen Leuten mal zusammengespielt. Das ist natürlich auch so ein schwieriger Punkt. Deswegen muss man abwarten. Ich bin auf jeden Fall willig, noch weiterzuspielen bei einem passenden Angebot.

99Damage: Und was ist, wenn doch kein Angebot kommt?

Kirby: Dann würde ich auch mal aussetzen oder vielleicht darauf spekulieren, dass mich innerhalb der Saison jemand picken will. VALORANT wäre ebenso denkbar. Ich bin da wirklich komplett offen. Ich werde nicht aufhören zu spielen. Ich werde immer weiter meine Deathmatch-Sessions durchführen und so weiter. Ich bin auf jeden Fall ready, wenn etwas kommt.

99Damage: Wäre auch ein internationales Team für dich denkbar?

Kirby: Auf jeden Fall. Ich habe ja zwei von drei EPS-Titeln mit internationalen Teams geholt. Einmal waren karrigan und chrisJ dabei, die können zwar beide Deutsch, aber damals hat chrisJ noch nicht so gerne Deutsch gesprochen, sodass die Kommunikation die ganze Zeit über auf Englisch war. Genauso wie mit crZy und BULI in CS 1.6 oder später, als ich nochmal mit ihnen gespielt habe. Insofern ist Englisch überhaupt kein Problem für mich und daher würde ich auch international spielen.

Wenn es jetzt wirklich dazu kommen sollte, dass ich nichts finde, müsste ich wahrscheinlich mal einen Tweet absetzen oder vielleicht einen Foren-Post bei der ESEA machen, um ein Team zu finden. Aber erstmal hoffe ich natürlich, in Deutschland zu bleiben und dann sehen wir weiter.

99Damage: Und wie sieht es mit der E-Sport-Karriere nach der E-Sport-Karriere aus?

Kirby: Die erste Idee, die einem natürlich kommt, ist der Weg des Coachs oder Analysten, dann bleibt ich immer noch sehr nah am Team. Sonst würde mir spontan nichts einfallen. Ich könnte mir noch vorstellen, vielleicht mit einer Organisation wie der Esports Player Foundation zusammenzuarbeiten und die jungen Talente zu supporten – so etwas hätte ich mir früher auch gewünscht und hätte sicherlich vieles erleichtert. Tendenziell will ich jetzt aber noch weiterspielen und ich habe noch Bock, deshalb mache ich mir da auch noch nicht so die Gedanken drüber.

Foto: EPIC DUDES

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