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Geposted von EddieCochran,
Die österreichische E-Sport-Organisation V4GAMING.ORG scheitert an der Finanzierung von Profiteams. Das ehemalige Team von PENTA steht dadurch vor einer ungewollten Auszeit. 99Damage spricht mit einem betroffenen Spieler. Aktuell legt die V4 Multi-Gaming Organisation offiziell eine Pause ein. So ist es dem Twitter-Account der österreichischen E-Sport-Organisation zu entnehmen. Die Webseite ist offline und damit auch das Statement des CEO Jakob Winter, der am 27. Juli ausführlich erklärt hatte, was mit den Plänen der Organisation hinsichtlich der Anstellung von Profiteams schiefgegangen war.

V4 Multi-Gaming wollte Ende Juli ein CS:GO-Mainteam und ein VALORANT-Team vorstellen. Alles war bereitet für die Präsentation, die in einem extra angedachten Bootcamp in Osnabrück abgehalten werden sollte. Die Spieler sollten allesamt mit Verträgen ausgestattet werden, die ihnen ein regelmäßiges Einkommen sichern.

Ohne Verträge, ohne Organisation



Am 26. Juli jedoch sagte V4 Multi-Gaming alles ab und die Teams standen plötzlich ohne Verträge und ohne Organisation da. Der VALORANT-Spieler Jan Niklas „NKLS“ Benn hatte gegenüber der Seite Agent’s Range bereits die Vorfälle geschildert. 99Damage hat nun mit einem CS:GO-Spieler als weitere betroffene Person gesprochen, die aufgrund rechtlicher Unsicherheiten hinsichtlich der Vertragslage und einer Vertraulichkeitsvereinbarung anonym bleiben möchte.

Das Counter-Strike-Team, das V4 Multi-Gaming verpflichten wollte, spielte zuvor für PENTA und besteht aus dem Kapitän Lukas "FreeZe" Hegmann, Marcel "cello" Roode, Michalis „awzek“ Napoloni, Tom "skyye" Hagedorn und Arthur „mave“ Derksen. Als Coach sollte zudem Enrico „slunixx“ Spera fungieren. PENTA war im Juni dieses Jahres aus CS:GO ausgestiegen, daher war das Quintett auf der Suche nach einer neuen Organisation.



Das Team spielte unter PENTA in der 37. ESEA Advanced Division und belegte dort den 33. Platz. In der ESL Meisterschaft landete das Team auf dem siebten Platz. Für beide Wettbewerbe besitzen die Spieler weiterhin die Slots. Das CS:GO-Team besteht also aus gestandenen Akteuren, die durchaus Potenzial für eine erfolgreiche Weiterentwicklung im Profigeschäft haben. Natürlich wecken diese Voraussetzungen Begehrlichkeiten bei Organisationen, die im E-Sport hoch hinaus wollen.

Im Interview mit 99Damage schildert einer der CS-Spieler detailliert die Verhandlungen zwischen seinem Team und der österreichischen Organisation. Das ehemalige PENTA-Lineup sei nach der vergangenen Saison mit mehreren Organisationen im Gespräch gewesen. Das Konzept der österreichischen Organisation habe sich dabei am besten angehört, weswegen sich das Team für V4 Multi-Gaming entschieden hätte.

Seriöser Beginn



Der Kontakt zu V4 Multi-Gaming sei zu Beginn seriöser Natur gewesen, sagt der CS-Spieler. Jakob Winter hätte seine Organisation vorgestellt und die angestrebten Ziele mit dem Team besprochen. Später sei eine Managerin seitens der Österreicher als Mittlerin für die weiteren Verhandlungen zuständig gewesen. Natürlich lockte das Counter-Strike-Quintett die Aussicht auf eine Anstellung als Fulltime-Team besonders.

Viel verdient hätte das Team im Vergleich zu etablierten Profi-Teams der CS-Szene nicht. Knapp 800 Euro hätten die CS:GO-Spieler monatlich bekommen. Zum Vergleich: Das VALORANT-Team sollte auf 450-Euro-Basis Verträge erhalten. Peanuts sind das, werden manche sagen. Jedoch bringt das Geld die Zeit, die in die Weiterentwicklung des Teams gesteckt werden könnte.

Nach Aussage des CS-Spielers seien dann die Profi-Verträge an sie geschickt worden, die jedoch nicht vom CEO Jakob Winter, der namentlich als Vertreter der Organisation im Schriftstück vermerkt ist, unterschrieben waren. Das Team habe die Verträge und die Vertraulichkeitsvereinbarung unterzeichnet und an V4 Multi-Gaming zurückgeschickt. Beide Dokumente liegen 99Damage vor.

Jedoch seien die gegengezeichneten Papiere im Anschluss nicht wieder beim CS-Team angekommen. Das deckt sich mit den Aussagen des VALORANT-Spielers Jan Niklas „NKLS“ Benn, die er gegenüber Agent’s Range gemacht hatte. „Trotzdem wurde uns durch V4 Multi-Gaming immer wieder bestätigt, dass die Papiere noch unterzeichnet würden. Doch wir wurden immer wieder nur hingehalten, bis schließlich keine Reaktion mehr von der Organisation erfolgte“, sagt der CS-Spieler. Im internen Chat, der 99Damage vorliegt, hatte Jakob Winter verkündet: „Unterzeichnung sollte bis Mitte Juli passieren.“

CEO wählt Vogel-Strauß-Taktik



Die Verhandlungen seien stets bei Jakob Winter zusammengelaufen, der irgendwann die Vogel-Strauß-Taktik gewählt hätte, anstatt den Spielern reinen Wein einzuschenken. Von dem Zeitpunkt an habe es keine Rückmeldung mehr vom CEO gegenüber dem CS:GO-Team gegeben.

Die Konzentration des Quintetts galt dem künftigen Profidasein bei V4 Multi-Gaming, schildert der Betroffene. Dafür hätten sie die Anfragen anderer Organisationen links liegen gelassen. Nach dem geplatzten Engagement sei der Support durch die Österreicher komplett weggefallen.

Bevor die Seifenblase platzte, habe es immer wieder Beteuerungen gegeben, dass die Probleme gelöst werden würden. Von der Managerin habe das Team zu hören bekommen, dass Jakob Winter Sponsoren suche. Angeblich wollte auch die Familie finanziell mit einsteigen. Doch irgendwann schien selbst die Managerin den Glauben verloren zu haben und ließ das Ex-PENTA-Team wissen: „Jungs, schaut euch lieber um, das wird nichts.“

Was trotzdem noch die Hoffnung auf das Gelingen gab, seien die konkret vorgestellten Pläne der V4 Multi-Gaming Organisation gewesen. Vom 28. Juli bis zum 1. August sollte ein Bootcamp in der Esport Factory in Osnabrück stattfinden. Im Zuge dessen war die Präsentation der Teams geplant. Der Ablaufplan sei den Spielern im Voraus geschickt worden und liegt 99Damage vor. Die Spieler sollten sogar eigene Clips für die Vorstellung ihrer Teams vorbereiten.

Absage des Bootcamps



Auf Nachfrage von 99Damage bestätigte die Esport Factory in Osnabrück, dass die V4 Multi-Gaming Organisation im Mai eine Anfrage für ein Bootcamp geschickt hatte. Seitdem habe es einige Gespräche gegeben und es seien verschiedene Angebote über das Leistungsportfolio der Esport Factory erfolgt. Laut Esport Factory folgte die Absage des Bootcamps am 23. Juli durch eine Mitarbeiterin von V4 Multi-Gaming - also wenige Tage, bevor am 26. Juli alles endgültig den Bach hinunterging.

Der Absage von V4 Multi-Gaming folgten heftige Reaktionen der betroffenen Spieler auf Twitter, die teils zu einem Schlagabtausch zwischen Mitarbeitern der Organisation und den E-Sport-Teams führten. Der Schaden ist auf beiden Seiten groß. Der Ruf der Organisation V4 Multi-Gaming ist beschädigt – aber die Spieler haben auf ganzer Strecke verloren. Es gibt kein Geld, keinen Vertrag und keinen Start als Fulltime-Team in die neue Saison.

Das Roster des Counter-Strike-Teams ist zwischen 18 und 30 Jahre alt und bunt gemischt aus Auszubildenden, Studenten oder Berufstätigen. Freilich trifft es hinsichtlich des finanziellen Schadens jeden unterschiedlich. Der Traum vom E-Sport-Profi führte bei einem Spieler sogar dazu, dass er vorerst den Start seiner Ausbildung verschoben haben soll.

Aber der Schaden ist eben nicht nur finanzieller Natur, denn sowohl die Counter-Strike- als auch die VALORANT-Spieler stehen auf sportlicher Ebene nun ohne Organisation da. Vermutlich ist in der kommenden Saison eine Pause für beide unvermeidlich.

„Wir wurden angelogen“



„Wir waren unglaublich sauer nach der Absage“, schildert der CS:GO-Spieler die Sekunden nach der Hiobsbotschaft durch die österreichische Organisation. „Wir wurden angelogen.“ Der Zuspruch aus der CS-Community war wenigstens etwas Balsam auf die Seelen der Geschassten.

Doch das half den CS:GO-Spielern wenig. Die Schlammschlacht zwischen den Teams und den Verantwortlichen der Organisation war dann im vollen Gange. V4 Multi-Gaming drohte gar mit rechtlichen Schritten gegenüber Spielern, die Vertragsinhalte öffentlich gemacht hatten, was Jan Niklas „NKLS“ Benn im Interview mit Agent’s Range zur Sprache brachte.

Das CS:GO-Team steht nun vor einem Scherbenhaufen. Der von 99Damage befragte Spieler spricht von einer großen Demotivation, die das Team nach dem Aus bei V4 Multi-Gaming erfasst hätte. Möglicherweise spielt das Quintett weiter und finanziert die Startgelder aus eigener Tasche. Gesichert ist das bis dato noch nicht.

CEO räumt schwere Fehler ein



Jakob Winter hatte in seinem Statement vom 27. Juli schwere Fehler eingeräumt, die am Ende in fehlender Kommunikation gegenüber den vakanten CS:GO- und VALORANT-Teams gipfelte. Als Grund für die nicht zustande gekommenen Vertragsverhältnisse nannte der CEO abgesprungene Sponsoren und Partner.

Drei angebliche V4-Multi-Gaming-Sponsoren, deren Namen 99Damage bekannt sind, gehören zu den Großen der Szene und investieren breit gefächert im E-Sport. Zustande gekommen sind die Partnerschaften offensichtlich nicht. Durch die Gelder der Sponsoren sollte das Fulltime-Team-Konzept von V4 Multi-Gaming finanziert werden.

Profi-Verträge, ein Bootcamp mit Team-Präsentation und sogar ein Gaming-Haus in Österreich gehörten zu den kolportierten Plänen von V4 Multi-Gaming. Gehalten davon wurde nichts. Die Resonanz auf das Gebaren der österreichischen Organisation hallt bis heute nach und sorgt weiterhin für Gesprächsstoff in der E-Sport-Szene. Auf eine Anfrage von 99Damage hat Jakob Winter nicht reagiert.

Foto: V4 Multi-Gaming

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