Geposted von slamiZGouD,

  • Ein Kommentar von Dominic "slam" Sommersperger


Die Gründung der ESL Impact League Season 1 findet nicht nur Befürworter. Dominic "slam" Sommersperger träumt indes schon von einem Major-Sieg eines Mixed-Teams. Der 99Damage-Caster kommentiert einen stets aktuellen Konflikt in der Counter-Strike-Community.
"Mädchen sind doof!" Ja, das ist der Spruch, den jeder Junge in der dritten Klasse mal von sich gegeben hat. Als man nicht verstand, dass Fußball eben nicht nur für Jungs gemacht worden ist. Man ist ja schneller und stärker - alles das, was die Mädchen nicht sind. Bei mir sind seit diesem Moment jetzt schon etwa 20 Jahre vergangen und irgendwie verstehe ich durch die letzten Jahre im E-Sport eigentlich erst, was man damals alles falsch gemacht hat.

E-Sportlerinnen biegen früh ab



Frauen im E-Sport haben es nicht leicht. Physische Grenzen gibt es ja in dem Sinne nicht. Für Counter-Strike zum Beispiel muss man keine 100 Meter in zehn Sekunden laufen. Man ist befreit von diesen extremen körperlichen Anforderungen, im E-Sport passieren diese auf anderer Ebene. Meistens heißt es, es gäbe keine Hindernisse mehr. Frauen könnten all das genauso im E-Sport machen wie jeder Mann. Hochspielen ist angeblich die Devise. Hartes Training in jungen Jahren und mindestens zehn Stunden pro Tag sind Anforderungen, die man immer wieder hört. Training, Training, Training - klingt ja ziemlich einfach, oder nicht?



Nur oft biegen die angehenden E-Sportlerinnen leider schon ab, bevor sie überhaupt dorthin gelangen könnten. Frauen werden auf den Servern kategorisiert und sofort ausgegrenzt, sexualisiert sowie beleidigt und teilweise einfach ihrer Stimme mit einem Mute beraubt. Der Stummschaltung folgen im Gegenzug Beschimpfungen seitens der Männer: "Shut up girl – go b on mirage, because there is the kitchen where you belong in", "You’re so bad whore", "Girls are all bad". Weitere Beispiele muss ich wohl keine mehr aufzählen. Frauen und auch Männer wissen ganz genau, wovon ich rede.

Und bevor die Gamer anfangen: Ja, auch wir Männer werden auch beleidigt. Nicht weniger schlimm sogar, jedoch stehen wir dabei nie oder selten mit dem Rücken zur Wand im Eins-gegen-vier, im Zweifel sogar gegen neun. Ich merke immer wieder, dass manche "ihren Sport" nicht mit den Gamerinnen teilen wollen. Sogar berühmte Gesichter der CS:GO-Szene haben sich erneut entblößt und ihre Meinung kundgegeben, als die ESL-Impact-Tunierserie ins Leben gerufen wurde: "Das ist nicht fair für Tier-2- oder Tier-3-Teams dass es in der Liga so viel Preisgeld und eine Bühne gibt", "Team X würde das Frauenteam mit 16:0 locker vom Server schießen, haha“, und so weiter und so fort.

Jetzt möchte ich euch einen Denkanstoß geben, wieso wir diese Liga überhaupt brauchen. Der Skillunterschied, von dem alle immer reden, ist natürlich da. Keine Frau behauptet, momentan im absoluten T1-Bereich mitspielen zu können. Aber eine kleine Rechnung wird uns zeigen, wieso das so sein könnte. Geschätzt 85 Prozent der Counter-Strike-Community sind männlich. Wie viele schaffen es davon in den Tier-1- oder T2-Bereich? Sehr wenige, ganz genau! Jetzt nehmt ihr die 15 Prozent Frauen dazu und die Rechnung wird sich in euren Köpfen alleine erledigt haben, dass das deutlich weniger sind im aktuellen Stadium.

Keine Abkürzung zur ESL Pro League



Wenn schon keine physischen Hindernisse vorhanden sind, wäre das nicht super, wenn der Weg zum Profi für Frauen attraktiver wäre? Grinden muss Spaß machen, denn der Weg zum Profi ist ein unfassbar steiniger. Die E-Sportlerinnen der ESL Impact League sind durchaus gewillt, diesen zu gehen. Kann schon sein, dass sie keine 4.000 Elo und noch keine 20.000 Stunden auf ihrem CS:GO-Konto haben. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Richtig? Die Impact League ist keine ESL Pro League oder ESL Challenger League. Es ist kein Tier-1-Counter-Strike, sondern eine Veranstaltung und ein Circuit, um anderen Gamerinnen ein Vorbild zu sein. Wieso können viele Männer unter uns nicht akzeptieren, dass euch der weibliche E-Sport nie etwas von "eurem Kuchen" wegnehmen will? Es bleibt euer Counter-Strike. Für die CS-Spielerinnen wird es keine Abkürzung zur ESL Pro League geben.



Sie können aber in ihrem Circuit, in dem sie nicht von anderen Umständen ausgebremst werden, andere Frauen ermutigen, den gleichen Schritt zu wagen und durch das verdiente Preisgeld ihre eigenen Ambitionen weiter stärken. Den Weg zum Profi zu gehen, wie es alle machen und vielleicht brauchen wir in ein paar Jahren kein extra Format mehr dafür. Sondern die CS-Szene bekommt so viele tolle und vor allem gute Frauen mit in den allgemeinen Profi-Circuit dazu, weil sie irgendwann mit den Männern mithalten können. Ein Tier-1-Team, das mit einem Mixed-Lineup das Major gewinnt? Das ist noch unvorstellbar, aber vielleicht der nächste große Schritt, der dem E-Sport eine andere Welt öffnen könnte. Es gibt in so vielen Sportarten so viele Versuche, den Wettkampf für Frauen attraktiv zu machen. Das funktioniert selten auf einem Niveau.

Der E-Sport könnte ein Vorreiter sein, denn Frauen und Männer könnten auf Augenhöhe miteinander konkurrieren. Deswegen ist es so wichtig, dass wir Bedingungen schaffen, wodurch sich mehr Frauen für Counter-Strike interessieren. Die ESL Impact League ist eine großartige Bühne, um Talente zu fördern und Vorbilder zu schaffen. Demzufolge könnte die kompetetive weibliche CS-Szene wachsen und eine höhere Chance auf Spielerinnen in der Weltspitze haben. Vielleicht spreche ich hier nicht für alle, aber für mich wäre das definitiv eine sehr schöne Vorstellung. Es muss nicht alles immer ein Gegeneinander sein. Gönnt auch anderen den Erfolg, auch wenn ihr nichts davon habt. Female Counter-Strike entwickelt sich in die richtige Richtung und darüber bin ich sehr froh.

Foto: ESL

Kommentare